Grund zum Feiern
Am 7. Februar 1971 wurde das Frauenstimmrecht in der Schweiz durch eine eidgenössische Abstimmung eingeführt und am 16. März 1971 formell wirksam.
Im Hinblick auf das Jubiläum haben wir uns mit Gespräch mit Michèle Borgeoud unterhalten. Sie ist Mitglied und Past Präsident Inner Wheel Club Zürich sowie Gründerin und Inhaberin von mbcc, michèle borgeaud coaching &consulting.
Michèle, macht Sie das Ereignis stolz – oder ein bisschen traurig angesichts dessen, dass Finnland bereits 1906 als erstes europäisches Land den Frauen das Wahlrecht gab?
Eigentlich beides. Einerseits traurig, dass es bei uns so lange gedauert hat, anderseits froh, dass es Frauen gab, die dafür gekämpft haben. In der Schweiz scheinen solche Dinge jeweils ein bisschen länger zu dauern.
2021 feiern wir nun also das 50-Jahre-Jubiläum. Was gilt es 2021 punkto Gleichstellung im Auge zu behalten? Wo liegen heutige Ungerechtigkeiten betreffend der Geschlechter?
Wenn wir den Frauenanteil in Unternehmen anschauen, sind wir noch lange nicht bei der Gleichstellung angekommen. Gemäss Schilling-Report, welcher den Frauenanteil auf verschiedenen Führungsstufen misst, finden wir erst 10% Frauen in Geschäftsleitungen. Auf Direktionsstufe ist dieser Anteil zwar höher, aber mit 16% auch noch viel zu tief. Es scheint mir, dass die Gesellschaft zwar mittlerweile akzeptiert hat, dass Frauen – auch Mütter – arbeiten wollen und teilweise müssen, aber in Führungsfunktionen tun wir uns mit Frauen noch schwer.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Wann wird Ihrer Ansicht nach die gewünschte Gleichwertigkeit – nicht Gleichheit! – erreicht sein?
Wenn man bedenkt, wie lange wir uns schon mit dem Thema auseinandersetzen, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir schon bald die Gleichwertigkeit erreichen. Allerdings sehe ich auch, dass die Generation nach uns sich mit dem Thema wesentlich leichter tut und Diversity teilweise regelrecht einfordert. Auch das Rollenverständnis von Mann und Frau verändert sich: Männer möchten in der Familie Verantwortung übernehmen, Frauen möchten sich im Beruf engagieren.
Text: Inge Beckel